Niemand kennt das Verhalten von Facebook-Nutzern besser als Facebook selbst. Wirft man einen Blick in die wirtschaftswissenschaftliche Literatur, sieht es fast so aus, als wenn die Menschen soziale Netzwerke vor allem nutzten, um Freundschaften zu pflegen, alte Freund wiederzufinden oder Spaß zu haben. Arbeiten aus dem Umfeld der Psychologie zeigen demgegenüber, dass ein anderes Motiv häufig der wesentliche Treiber ist: Selbstdarstellung.
Man kennt das: Frauen (schön) oder Männer (cool) präsentieren sich vor Palmen, in Rooftop-Bars oder an anderen eindrucksvollen Locations. Manchmal werden sogar verdutzte Eltern oder Großeltern vor die Kamera gezerrt, die nicht wissen, wie ihnen geschieht, um der Welt zu beweisen, wie sehr „Mummy“ oder Daddy geliebt werden.
Das gleiche Prinzip findet sich auch auf Sozialen Netzwerken im Business-Umfeld, wie zum Beispiel bei Linkedin oder Xing: Erfolgreiche „Speaker“ bei umjubelten „Keynotes“ oder Führungskräfte bei „agilen Workshops“ an Orten mit „Start-up-Flair“. Auf den Punkt bringt dieses Phänomen der Selbstdarstellung der Postillon, der titelte: „Auswertung von Instagram-Fotos ergibt: Mehrheit aller Menschen sind Multimillionäre.“
Dabei zeigt die psychologische Forschung seit einiger Zeit: Die Selbstdarstellung im Netz und insbesondere in Sozialen Netzwerken kann vielfältige negative Konsequenzen haben. Dazu gehört Neid und dieses Gefühl wiederum macht viele Menschen unglücklich. Eine gefährliche Spirale.
„Gefällt mir“ als Belohnungssystem
Posts oder Tweets werden mit Likes, also dem einem Klick auf den Gefällt-mir-Button, belohnt. So entsteht ein Wettbewerb darum, wer mehr Likes oder mehr Freunde hat. Dieses Phänomen findet man bei Politikern, Schauspielern oder Sportlern ebenso wie bei „Normalos“. Bei Golfprofis wurde kürzlich bekannt, dass die meisten Follower in Sozialen Netzwerken nicht echt sind. In vielen anderen Bereichen dürfte das nicht anders sein.
Wohin der Wunsch nach Anerkennung im Netz führen kann, zeigt auch der Fall von Robert Habeck. Der grüne Spitzenpolitiker twitterte nach den bayerischen Landtagswahlen missverständlich, dass es endlich wieder Demokratie in Bayern gäbe, nachdem die Alleinherrschaft der CSU gebrochen wurde. Nachdem er sich entschuldigt hatte, beging er einen ähnlichen Faux Pas und veröffentlichte ein Video, indem er versprach vor den Landtagswahlen in Thüringen alles zu tun, damit das Land offen und demokratisch wird. Danach erklärte er seinen Rückzug aus den sozialen Netzwerken und gab – recht offen – zu, „gierig“ nach der Anerkennung im Netz gewesen zu sein.
Das Belohnungssystem „Likes“ hat aber auch andere negative Folgen. So kann die Anerkennung bestimmter politischer Positionen in Sozialen Netzwerken, insbesondere auf Twitter, zu gravierenden Fehleinschätzungen führen. Die Anzahl der Likes (oder der Retweets) ist wenig aussagekräftig für das, was die Menschen in der realen Welt wirklich denken, da Twitter-Nutzer alles andere als repräsentativ für die Bevölkerung sind. Es handelt sich gewissermaßen um eine Parallelwelt, die sich um sich selbst dreht. Erhält ein bestimmtes politisches Statement viele Likes, sagt das also relativ wenig über die Akzeptanz in der Bevölkerung aus.
Author: Michele Spence
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